Die sowietische Regierung beschuldigt Luxemburg, ein internationales Abkommen zu verletzen

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Im Januar 1955 beschuldigt die sowjetische Regierung Frankreich, die Bundesrepublik Deutschland, Großbritannien, Italien, Belgien, die Niederlande und Luxemburg, ein internationales Abkommen zur Verhinderung chemischer und bakteriologischer Kriegsführung zu verletzen.

Entdecken Sie hier den sowjetischen Text sowie die unmittelbare Reaktion der betroffenen Staaten. Diese ursprünglich als geheim eingestuften Dokumente sind heute frei zugänglich und im Nationalarchiv einsehbar.

Am 23. Oktober 1954 werden in Paris mehrere Protokolle unterzeichnet, darunter jener Vertrag, der die Westeuropäische Union (WEU) ins Leben ruft. Ziel dieser zwischen oben genannten Staaten geschlossenen, vor allem militärischen Allianz ist es, der sowjetischen Bedrohung gegenüber zu treten und die Zusammenarbeit in Europa zu fördern. Darüber hinaus unterzeichnen die anwesenden Regierungsvertreter, darunter Joseph Bech, am gleichen Tag ein Protokoll zur Rüstungskontrolle innerhalb der WEU. Darin heißt es unter anderem:

« When the development of atomic, biological and chemical weapons in the territory on the mainland of Europe of the High Contracting Parties who have not given up the right to produce them has passed the experimental stage and effective production of them has started there, the level of stocks that the High Contracting Parties concerned will be allowed to hold on the mainland of Europe shall be decided by a majority vote of the Council of Western European Union. »1

Am 13. Januar 1955 richtet die sowjetische Regierung, die der WEU und ihren Zielen ohnehin misstrauisch gegenübersteht, ein dezidiertes Schreiben an deren Mitgliedsstaaten. Letztere werden beschuldigt, gegen das bestehende Genfer Protokoll vom 17. Juni 1925 über das Verbot der Verwendung von erstickenden, giftigen oder ähnlichen Gasen sowie von bakteriologischen Mitteln im Kriege zu verstoßen. Unter diesem Link sehen Sie den vollständigen Text des sowjetischen Schreibens.

Die Antwort lässt nicht lange auf sich warten. Am 27. Januar 1955 wird der französischen, deutschen, britischen, italienischen, belgischen, niederländischen und luxemburgischen Regierung folgender Antwortentwurf vorgelegt.

Was den Briefkopf und den Autor dieses Schreibens anbelangt, so mag es auf den ersten Blick verwundern, dass von der « Brussels Treaty Organisation », Vorgängerorganisation der WEU, die Rede ist und der Generalsekretär der Interim Commission als Autor genannt wird. In der Tat wird die WEU am 23. Oktober 1954 gegründet., tritt allerdings erst am 6. Mai 1955 in Kraft. Diese Übergangszeit ist dadurch bedingt, dass sich durch den Beitritt Italiens sowie der Bundesrepublik erst neue Strukturen und eine funktionsfähige Organisation bilden mussten.  

Beide Dokumente stammen aus dem Bestand der WEU, der seit Kurzem in den Depots des Nationalarchivs aufbewahrt wird. Sie belegen auf eindrückliche Art und Weise die zwischen den Blöcken bestehenden Spannungen und zeigen einen der zahlreichen, in diesem Fall weniger bekannten Zusammenstöße zwischen Ost und West.   

Sämtliche Archivdokumente der WEU sind im Prinzip nach Ablauf der 30-Jahresfrist freigegeben und im Nationalarchiv einsehbar. Bis zum 28. Februar zeigt das Nationalarchiv darüber hinaus eine kleine Ausstellung, die einen Einblick vermittelt vom Reichtum dieses Bestandes und die unterschiedlichen Thematiken aufzeigt, zu denen die Dokumente Auskunft geben. Die Verantwortlichen des Archivs stehen Ihnen für weitere Informationen gerne zur Verfügung.

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